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RWJ 02/2023: EU-Regelung tritt am 16. Februar in Kraft

DJV kritisiert Bleiverbot durch die Hintertür

Übergangsfrist endet am 16. Februar – künftig ist Bleischrot an und in Feuchtgebieten verboten. Kritisch ist die unklare Definition und offene Rechtsfragen erschweren die Umsetzung.

Gehweg mit Pfütze

Alltägliches Bild nach einem Regenschauer – wenn auch das demnächst als EU-Feuchtgebiet gilt, bedeutet dies nichts anderes als die Einführung eines flächendeckenden Bleischrot-verbots durch die Hintertür – mit fatalen Konsequenzen.

Das vor zwei Jahren beschlossene Verbot der Verwendung von Bleischrot an und in Feuchtgebieten tritt nach Ablauf der Übergangszeit am 16. Februar in Kraft. Der Deutsche Jagdverband (DJV) setzt sich zwar seit Jahren für eine Minimie-

rung von Blei in Munition nach dem jeweiligen Stand der Technik ein, fordert aber einen wissensbasierten und praxisorientierten Weg. Der Verband kritisiert an der neuen Regelung deshalb eine fehlende Praxistauglichkeit und zahlreiche recht-liche Unsicherheiten.


Kernproblem ist die Definition von Feuchtgebiet – auch eine Pfütze auf einem Acker kann ein solches sein, mit der Folge, dass im Umkreis von 100m das Verbot greift. Nach der Verordnung sind Feuchtgebiete Feuchtwiesen, Moor-

und Sumpfgebiete o. Gewässer, die natürlich o. künstlich, dauernd o. zeitweilig, stehend o. fließend sind und aus Süß-, Brack- o. Salzwasser bestehen.

Der DJV hat sich im gesamten Verfahren laufend für eine praktikable und verhältnismäßige Regelung eingesetzt und wird sich weiter für eine praxis-

gerechte Anwendung der Regelung und eine Klärung der offenen Rechtsfragen einsetzen. Die in der Verordnung festgelegte 100-m-Pufferzone bedeutet, dass nach einem Regenschauer faktisch die Verwendung von Bleischrot bei der Jagd ausgeschlossen ist. Der DJV kritisiert dieses komplette Bleiverbot für Schrot-munition durch die Hintertür.

 

Politik muss Haushaltsmittel für Schießstandumbau bereitstellen

Das Verbot hat auch Auswirkungen auf Schießstände – liegen diese in einer Pufferzone, ist die Verwendung von Bleischrot verboten. Der Umbau kostet pro Stand einen siebenstelligen Euro-Betrag und ist zeitaufwendig. Der DJV fordert die Politik auf, notwendige Mittel aus dem Haushalt zügig zur Verfügung zu stellen.

Ohne ein flächendeckendes Netz funktionierender Schießstände ist regel-mäßiges Training für eine tierschutzgerechte Jagd nicht möglich. Laut einer DJVUmfrage kann nur jeder zweite Flintenschütze in Deutschland überhaupt

mit bleifreier Schrotmunition üben, eine finanzielle Förderung des Umbaus

von Schießständen ist daher auch im Interesse des Tierschutzes.


Rechtliche Bedenken

Als rechtlich problematisch erweist sich eine Beweislastumkehr zulasten des Jägers beim Mitführen bleihaltiger Schrotmunition: Hat er diese bei einer Kontrolle in der Nähe von Feuchtgebieten dabei, soll die Unschuldsvermutung ausgehebelt werden. Jäger müssen künftig nachweisen, dass sie diese Munition nicht angewendet haben. Diese Beweislastumkehr verstößt laut DJV gegen rechtsstaatliche Grundsätze, wenn ein Verstoß gegen die Verordnung sanktioniert wird.

Die unklare Definition eines Feuchtgebietes macht es außerdem unmöglich, Verstöße wirksam zu sanktionieren, denn Strafen darf man nur verhängen,

wenn klar ist, was erlaubt ist und was nicht.

Der Anwendungsbereich gegenüber dem Endverbraucher (Jäger) geht zudem deutlich über das hinaus, wofür die sog. REACH-Verordnung eigentlich gedacht ist: Sie richtet sich gegen die Verwendung von Chemikalien durch industrielle Anwender.


Bleiverbot gilt unmittelbar

Das Verbot gilt unmittelbar in der gesamten EU, eine Umsetzung auf Ebene

der Mitgliedstaaten ist nicht erforderlich, die Ahndung als Straftat oder Ordnungs-widrigkeit bleibt aber den Mitgliedstaaten überlassen. Bislang erfolgte auf Bundesebene noch keine entsprechende Umsetzung, weitergehende landes-rechtliche Verbote wie größere Pufferzonen oder das Verbot, sämtliches Wasserwild auch außerhalb von Feuchtgebieten mit Bleischrot zu bejagen, bleiben weiter in Kraft.


Der DJV wird in Kürze eine Video-reihe zum Umgang mit bleifreier Schrot-munition veröffentlichen.

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