RWJ 09/2016: Warum der Sonderweg zwischen Rhein und Weser richtig ist
Zeitgemäße Schwarzwildbejagung
Im Mittel der letzten 10 Jahre wurden in Deutschland fast 50 000 Sauen pro Jahr erlegt. Diese hohen Strecken zeigen sehr deutlich, dass Schwarzwild jagdlich einen hohen Stellenwert einnimmt. Doch mit hohen Beständen sind jede Menge Probleme verbunden – besonders mit der Landwirtschaft kommt es immer wieder zu Konflikten.

Foto: K.-H. Volkmar
Zum einen sind es Wildschäden in landwirtschaftlichen Kulturen durch Schwarzwild, zum anderen die große Gefahr von Seuchenzügen. Neben der klassischen Schweinepest (KSP) rückt von Osten langsam, aber stetig die Afrikanische Schweinepest auf uns zu – mit wesentlich gravierenderen Auswirkungen. Denn dagegen gibt es bisher keinen Impfstoff, selbst adulte Tiere werden befallen und sterben. Zu Recht könnte man von einem landwirtschaftlichen Super-GAU sprechen, sollte diese Seuche in heimische Hausschweinbestände eindringen. Damit es dazu auf keinen Fall kommt, müssen die Jäger daran aktiv mitarbeiten.
Keine Überläufer bei Drück- und Erntejagden freigeben!

Wenn klar ist, dass das linke Stück nicht auch schon führt, sollte es erlegt werden. Foto: M. Breuer
Mit einer Fortpflanzungsrate von bis zu 300 Prozent besitzen Sauen ein enormes Vermehrungspotenzial. Dieses muss Jäger realisieren – und Strategien passend darauf abstimmen. So reicht es bei Weitem nicht, möglichst hohe Strecken zu erreichen, denn Rotten leben mutterorientiert und haben ein ausgeprägtes Sozialgefüge. Wird dieses zerstört, können bereits geringe Bestände erheblichen Schaden anrichten.
Wissenschaftliche Untersuchungen und regelmäßige praktische Beispiele zeigen, dass der Hauptzuwachs bereits aus der Altersklasse der Frischlinge selbst hervorgeht. Man kann davon ausgehen, dass rund 80 Prozent der weiblichen Frischlinge (also noch nicht 12 Monate alte Stücke) bereits selber Nachwuchs zur Welt bringen. Dabei wiegen sie häufig nicht mehr als 30 kg. Angesichts dieses Phänomens kann man die Erkenntnis kaum verweigern, dass der „Motor der Population“ in der Altersklasse der Frischlinge läuft – und zwar auf Hochtouren. Es ist deshalb von hoher Wichtigkeit, dass dies bei der Bejagung unbedingt berücksichtigt wird. Deshalb muss bereits in der Frischlingsklasse sehr intensiv gejagt und jede Möglichkeit dazu genutzt werden, denn ein verpasster Frischlingsabschuss kann in der Altersklasse der Überläufer und adulten Tiere nicht mehr nachgeholt werden.
Der immer wieder lautstark geforderte Bachenabschuss ist nur in sehr begrenzten Einzelfällen tierschutzgerecht möglich. Das funktioniert nur bei der ruhigen Beobachtung von Rotten – bei der Einzeljagd, ausreichenden Lichtverhältnissen und meist nicht vor November. Solche günstigen Umstände reichen aber „bei Weitem“ nicht aus, um Schwarzwildbestände zu regulieren, also mindestens den Zuwachs abzuschöpfen. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass eine Freigabe von Bachen und Überläuferbachen bei Erntejagden, Drückjagden oder Ansitzen bei Mond und Schnee verantwortungslos und keinesfalls tierschutzgerecht ist.
Nicht „stumpf“ auf Kirrungen setzen

Die Zuordnung in solchen Rotten ist nicht einfach. Umso einfacher ist es, hier Frischlinge klar anzusprechen – und nach Möglichkeit vielleicht sogar zwei davon zu erwischen. Foto: K.-H. Volkmar
Auch eine hohe Zahl erlegter Überläuferkeiler hilft zur Reduktion nicht weiter, da diese populationsdynamisch zu vernachlässigen sind und leider immer wieder vom notwendigen Frischlingsabschuss ablenken. So lässt sich in Schwarzwild-Problemregionen immer wieder feststellen, dass die Frischlingsquoten (gefordert sind mindestens 70 Prozent) bei Weitem nicht erreicht werden – aber parallel dazu viel zu viele Überläuferkeiler erlegt werden.
Wer so vorgeht, provoziert damit, dass sein Bestand insgesamt weiter ansteigt und gefährdet gleichzeitig den wichtigen Nachschub der Überläuferkeiler in die Altersklasse der Keiler. Speziell die lange Schonzeit der Überläufer und adulten Stücke in NRW trägt diesen Umständen Rechnung. Neben der gezielten Auswahl zu erlegender Stücke ist es von großer Bedeutung, dass angewandte Jagdmethoden auch effektiv sind. Besondere in Mastjahren wie im Herbst 2015 stehen Sauen naturgemäß lieber in Altholzbeständen im Gebrech, anstatt Kirrungen aufzusuchen. Wer dann weiter „stumpf auf Kirrungen setzt“, wird nie auf ausreichende Stückzahlen kommen. Gefragt sind Jagd methoden, die unabhängig vom jeweiligen Fraßangebot zu hohen Strecken führen – in der Regel gut organisierte Drück- und Bewegungsjagden. Organisiert man diese noch revierübergreifend, steht dem Erfolg so gut wie nichts mehr im Wege.
Sehr wichtig ist, dass in sich geschlossene Gebiete bejagt werden – also ohne einzelne Revierlücken. Eine verbindliche Absprache über Ablauf und Freigaben rundet die Organisation ab. Dann kann man mit jagdhandwerklichen Methoden in kurzer Zeit hohe Strecken erzielen, die dem Anspruch der Regulation auch gerecht werden. Forderungen nach Saufängen und Nachtzieltechnik sind überflüssig, ja sogar schädlich und führen zwangsläufig in den Bereich der Schädlingsbekämpfung. Der Übergang dahin ist schleichend, aber brandgefährlich.
Wildmeister Peter Markett
Wildschweine
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